Facebook in freundlich

Der schwäbische Trampolinbauer Dennis Hack schafft mit Human Connection ein soziales Netzwerk, in dem vieles anders läuft als bei Facebook. Sein Ziel ist es, dass sich die Nutzer für eine bessere Welt einsetzen.

Von Tobias Jansen

Im verschlafenen Weilheim an der Teck ist jemand erwacht, um seinen Traum zu verwirklichen. Den Traum, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Doch wie will ein einzelner Schwabe aus einem kleinen Städtle die Welt verändern?

Der Trampolinbauer

Dennis Hack, 37, ist Unternehmer, spezialisiert auf Trampoline. Seine Firma Eurotramp stellt die Sportgeräte für den weltweiten Markt her. Erst kürzlich sind die Teilnehmer der Olympischen Spiele in Rio auf seinen Trampolinen gesprungen.

Das friedliche Miteinander unter den Sportlern hat Hack begeistert. “Wir sind wie eine große Familie. Konflikte zwischen den Ländern spielen im Sport keine Rolle”, sagt er.

Seit fünf Jahren arbeitet er parallel zu seinem Tagesgeschäft an einem gemeinnützigen sozialen Netzwerk, das die Menschen und Organisationen zusammenbringen soll, die an einem positiven Wandel in der Welt interessiert sind - Human Connection. Mehr als 400.000 Euro seines Gehalts  hat er bisher in den Aufbau gesteckt.

Human Connection versus Facebook?

Anders als Facebook ist Human Connection eine gemeinnützige Organisation. Das heißt, es gibt keine Werbung, der Code der Website kann von Dritten eingesehen und bearbeitet werden und Hack kann nicht in die eigene Tasche wirtschaften. All das Geld, das in das Projekt fließt, muss dem Gemeinwohl dienen. 

Hack hat drei festangestellte Mitarbeiter bei Human Connection und über hundert ehrenamtliche Programmierer. Auch etliche Übersetzer sind dabei sowie Beta-Tester, also Anwender, die in der Software gezielt nach Fehlern suchen. Einer von ihnen ist Boris, ein hauptberuflicher Mediengestalter. Trotz Vollzeitjob und zwei Kindern fahndet er oft bis in die Nacht auf den Human-Connection-Sites nach Programmfehlern. “Als ich zum ersten Mal von dem Projekt gehört habe, wollte ich sofort dabei sein”, sagt er. Human Connection sei viel mehr als nur ein soziales Netzwerk. Es sei eine Bewegung. 

Bei Facebook kommt nach einer deprimierenden Nachricht der Moment, an dem der Nutzer einen Traurigen Smiley postet und einen wütenden Kommentar hinterlässt. Damit ist es dann getan. Bei Human Connection hingegen wird dem Nutzer an dieser Stelle eine Tür geöffnet. Er klickt auf den Aktion-Button und sieht sofort, was er machen kann. Ihm werden zum Beispiel gemeinnützige Organisationen in seiner Umgebung angezeigt, die sich bei Human Connection registriert haben.

Transparenz ist für Hack besonders wichtig, weil es in den bisherigen Netzwerken daran mangelt. Facebook sei wie eine Wand, hinter die man nicht schauen könne. Bei Human Connection ist alles durchsichtig. So können Manipulationen durch sogenannte Trolle schnell erkannt und aufgeklärt werden. Trolle sind Netzwerknutzer, die absichtlich stören, um eine Internet-Debatte zu ihren oder den Gunsten ihres Auftraggebers zu verfälschen. Hack sagt, es sei sichtbar, wenn ein User nur kommentiert und nichts postet. So lasse sich einfach herausfinden, ob es sich um einen Troll oder einen normalen Nutzer handelt.

Bei Facebook gibt es einen Algorithmus. Das heißt, der Nutzer sieht und hört nur das, was auf ihn zugeschnitten ist. Er hat keine Chance, seinen eigenen Algorithmus zu erstellen. „Ich will, dass der Mensch wieder selbst entscheidet, was er zu Gesicht bekommt“, sagt Hack.

Hatte der Nutzer einen harten Tag, klickt er beim Stimmungsfilter auf einen lachenden Smiley und bekommt nur noch Beiträge zu sehen, die von den Nutzern mit „lustig“ markiert wurden. Möchte er sich über Politik informieren, filtert er sich nur politische Beiträge heraus. Die Zeit, die der User im sozialen Netzwerk verbringt, verringert sich. Bei Facebook ist es gewollt, unendlich durch den Newsfeed zu scrollen, damit der Konsument möglichst viel Zeit im Netzwerk verbringt und somit möglichst viel Werbung zu Gesicht bekommt.

Bei Human Connection sucht der User explizit nach Inhalten – und hat dadurch wieder mehr Zeit für sich. „Der Nutzer soll sich fokussieren, anstatt sich zu verlieren“, meint Hack.

Wie funktioniert HC?

Bei Human Connection werden die Inhalte von den Nutzern erstellt und miteinander verknüpft. Es können sowohl Beiträge verfasst, als auch Links zu Nachrichtenseiten oder Ähnlichem hochgeladen werden.

Damit negative Inhalte - wie Fake News - von der Community schnell entkräftet werden können, gibt es neben der üblichen Kommentarfunktion noch weitere Funktionen. Zum Beispiel die Versus-Funktion: Ist der Nutzer mit einem Beitrag überhaupt nicht einverstanden, kann er ein Gegenargument darunter setzen. Dann werden hundert zufällige Menschen aus dem Netzwerk ausgesucht, die über die Korrektheit der beiden Posts abstimmen können.

Das führe zwar nicht zu einem repräsentativen Ergebnis, sagt Hack, aber so könne man immer ein Meinungsbild der Community sehen, das nicht beeinflussbar sei. Für Trolle wird es dann erheblich schwerer.

Wird Human Connection in der Welt bestehen?

Human Connection wurde in einer wissenschaftlichen Untersuchung von Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien unter die Lupe genommen. Vor allem wurde die Benutzerfreundlichkeit getestet. Dafür haben die Studierenden unter der Leitung des Professors Michael Burmester Menschen unterschiedlichen Alters vor den Computerbildschirm gesetzt und Human Connection testen lassen. „Mein Eindruck ist, dass hier etwas dafür getan wird, dass die positiven Kräfte in der Welt voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen können“, sagt Burmester.

Gleichwohl haben die Studierenden ein paar Defizite ermittelt, die in den kommenden Monaten beseitig werden müssen. Dazu gehört eine Reihe von Verständnisproblemen. Nutzer, die auf die Plattform kommen, haben in der Studie oft zu lange gebraucht, bis sie erfasst haben, um was es dort geht. Ältere Personen haben sich zudem daran gestört, dass sie im Netzwerk mit „Du“ angesprochen werden.

Funktionen wie der Aktion-Button und die Möglichkeit zu filtern sind positiv angekommen. Auch das Design kann sich laut den Probanden sehen lassen. Burmester sieht in dem Projekt Potenzial. „Aus unserer Sicht sollte Human Connection so schnell wie möglich online gehen.“

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    Wie geht es weiter?

    Um auf das Projekt aufmerksam zu machen, hat Dennis Hack die „Clock of Change“, die Uhr des Wandels, entworfen. Auf der Homepage von Human Connection kann sich jeder eintragen, der daran interessiert ist, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Mit jedem Eintrag steigt der Zähler. Bislang wollen mehr als 2000 Menschen mitwirken. Hack hat etliche „Clocks of Change“ produzieren lassen. Die Uhren haben eine eingebaute Wlan-Verbindung und der Zähler steigt in Echtzeit, immer dann, wenn sich jemand neu einträgt. „Die Uhren sollen mal beim Bäcker nebenan stehen“, sagt Hack. „Die Menschen kommen vielleicht über die Uhr ins Gespräch und landen im besten Fall anschließend in unserem Netzwerk, um sich am positiven Wandel zu beteiligen.“

    Bisher gibt es eine Beta-Version, sprich: Die Software ist zwar weit entwickelt, aber es gibt noch keine Endversion. Jeder kann sich kostenfrei anmelden, um Human Connection zu testen.

    Mit einer Crowdfunding-Kampagne möchte Hack durchstarten und Spender gewinnen, um im Frühsommer dieses Jahres endgültig online zu gehen. Dafür braucht Hack auch noch viele ehrenamtliche Programierer und weitere Experten, die ihm bei der Entwicklung unter die Arme greifen. „Ich habe viel Zeit und Energie in das Projekt gesteckt“, sagt Hack. „Es wäre schön, wenn ich es jetzt in die Hände Vieler übergeben könnte“

    Die Welt zu verändern, ist schwer für einen Einzelnen. Wenn die Menschen jedoch die Chance haben, sich über ein gemeinnütziges Netzwerk zu verbinden, um an einer besseren Welt zu arbeiten, wird der Traum eines einzelnen Schwaben vielleicht bald Wirklichkeit.

    Eine Multimedia-Reportage von Tobias Jansen

    Facebook in freundlich
    1. Section 1
    2. Der Trampolinbauer
    3. Human Connection versus Facebook?
    4. Wie funktioniert HC?
    5. Wird Human Connection in der Welt bestehen?
    6. Wie geht es weiter?
    7. Section 7